Geisterstunde und Ahnenkunde
Die restlichen Tage bei Kristina in Wellington haben wir eher ruhig angehen lassen und den Komfort von Bett, Dusche und gutem Essen genossen. Wir waren aber immerhin noch im Te Papa, einem Museum über Geschichte, Kultur und Natur von Neuseeland, das echt modern und interessant angelegt ist. Außerdem ist es kostenlos (der eigentliche Grund für unseren Besuch). Dann habe ich noch den weltbesten Himbeerkuchen gebacken, der lecker war, aber natürlich nicht ganz so gut wie zuhause von Muttern.
Freitag haben wir uns dann von Kristina verabschiedet und sind losgefahren in Richtung Wanganui. Dort sind wir abends angekommen und haben uns zum Campen in ein Wohngebiet gestellt. Lustigerweise hat in der Nähe jemand wohl etwas zu feiern gehabt und eine Menge Feuerwerk abgebrannt, sodass wir nach dem in dieser Hinsicht unspektakulären Silvester doch noch pyrotechnisch auf unsere Kosten gekommen sind. Am nächsten Tag sind wir ein bisschen durch Wanganui gelaufen und haben uns an der Flusspromenade in die Sonne gelegt. Die Stadt ist für ihre lange Geschichte in der Dampfschiffahrt bekannt, daher können zahlungswillige Touristen dort eine solche unternehmen. Wir haben aber nur zugeschaut und festgestellt: an die Umwelt haben die Kollegen Schiffsbauer damals wohl noch nicht gedacht. Hust, hust!
Die nächste Station war der Mt. Taranaki, ein 2518 Meter hoher Berg im Südwesten der Nordinsel. J.D. quälte sich ein bisschen mit der serpentinenüberfluteten Fahrt bis zur Aussichtsplattform (zweiter Gang olé!), brachte uns aber wie immer souverän und sicher ans Ziel. Wir bestaunten erstmal die Aussicht, die wirklich unglaublich gut war; man konnte sogar die über 200 Km entfernte Südinsel sehen! Außerdem sahen wir die Vulkane des Tongariro National Parks, wo wir auch noch hinfahren werden. Unser Nachtlager schlugen wir einfach direkt auf dem Parkplatz der Plattform auf und hatten wieder mal Glück, es hat niemanden gestört. Ich hatte ernsthaft überlegt, den 8-10 Stunden dauernden Auf- und Abstieg zum Gipfel anzutreten, entschied mich dann aber doch, nur bis zu den „Willies Pools“ zu laufen. Zum Glück, denn nach den zwei Stündchen hat es mir auch schon gereicht, außerdem konnte man dort schön die Füße ins kalte Wasser halten. Als ich zurückkam, unterhielt sich Jan mit einem älteren Ehepaar, das in einem orangefarbenen 1965er Cadillac in perfekter Verfassung unterwegs war. Was ein Schiff! Im Gegensatz zu Jan bin ich eigentlich nicht sonderlich autobegeistert, aber dieses Modell hat es mir trotzdem angetan.
Nach dieser Begegnung der motorisierten Art haben wir unsere Reise nach Norden fortgesetzt und sind nach New Plymouth gefahren. Da es etwa 30 Grad waren, haben wir natürlich in der Info nach dem nächsten Strand gefragt und los ging es. Das Wasser war sogar angenehm warm, nur leider ist es durch den starken Wind manchmal doch recht kalt, sodass man nicht besonders lange baden kann. Trotzdem lagen wir etwa den halben Tag am Strand, genossen die tödlichen, ungefilterten UV-Strahlen und schliefen oder lasen. Und an dieser Stelle muss ich mal eine Lanze für die E-Books dieser Welt brechen! Ich bin ja ein Fan von echten Büchern, aber die elektrischen sind wirklich ein guter und praktischer Ersatz. Bei unserem ersten Besuch in Wellington habe ich Kristina davon erzählt und mittlerweile hat sie auch eins und ist sehr zufrieden. *Ende des Werbespots*
Gestern Abend mussten wir wie immer eine Bleibe für die Nacht suchen und entschieden uns – für einen Friedhofsparkplatz! Nicht sehr pietätvoll, ich weiß ja, aber er war gut gelegen an einer abgelegenen Straße. Außerdem zählt Pietät auch nicht zu den Tugenden des Backpackers, sonst hätten wir schon mehr als einmal Probleme bekommen. Dann testeten wir unsere Autobatterie, indem wir meinen Laptop an den Spannungsumwandler anschlossen, um etwas Scrubs zu gucken. Und J.D. bestand den Test, der Akku hielt! Auch die Geisterstunde überstanden wir, ohne dass sich einer der Toten über unseren Campervan beschwerte.
Heute wurden wir dann gegen halb neun von der unbarmherzigen Hitze im Auto geweckt – der Nachteil des guten Wetters. Dafür konnten wir dann aber schon relativ früh in die New Plymouther Bücherei, um die elektronischen Gerätschaften mit Strom zu füttern und das Internet zu nutzen. Und hier sitzen wir jetzt und wundern uns, wie immer, über die vielen Kiwis, die an den PCs intensiv und ausdauernd Ahnenforschung betreiben. Mit höchschter Disziplin! Das Interesse an den eigenen Vorfahren scheint wohl so ein typisch neuseeländisches Hobby zu sein, naja, wir leben jedenfalls lieber im hier und jetzt. Wir wissen sogar zur Abwechslung mal, was wir morgen machen wollen: Den Tongariro Crossing, eine der berühmtesten Tageswanderungen der Welt. Ob dieser Titel gerechtfertigt ist? Das und mehr erfahrt ihr in der nächsten Folge von „Ohne Plan durch Neuseelan“! D!
Mit eurem Van habt ihr vermutlich das praktischere Auto gewählt, auch wenn so ein Cadillac bestimmt toll zu fahren und vor allem anzuschauen ist.
Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Folgen – momentan ist es meine Lieblingsserie.