Schnee im Sommer

| 6. Oktober 2012 | 6 Kommentare

Ja, ok, auch auf dieser Seite der Welt ist noch kein Sommer, aber „Schnee im Frühling“ wäre einfach nicht so eine gute Überschrift gewesen. Trotzdem stimmt die Hälfte des Titels, denn hier im Süden der Südinsel schneit es! Erst seit heute, doch schon in den letzten Nächten hatte sich das winterliche Weiß mit tödlich tiefen Temperaturen angekündigt. Und während wir aus Deutschland Nachrichten wie „Na, brutzelt ihr schon in der Sonne?“ bekamen, froren wir uns im Van gepflegt den Allerwertesten ab.

Apokalyptische Atmosphäre am Lake Manapouri

Raus aus Invercargill hatten wir den Plan, langsam nordwärts in Richtung Milford Sounds zu fahren, da das ja einer der schönsten Plätze Neuseelands sein soll. Den ersten Stopp machten wir im kleinen Städtchen Manapouri. Dort gibt es Schiffsfahrten durch die Doubtful Sounds, ebenfalls ein schöner Landstrich, die uns jedoch zu teuer waren. Wir hatten aber an einem See geparkt, der einfallsreicherweise Manapouri Lake heißt, und von da aus hat man auch eine traumhafte Aussicht, also blieben wir erstmal da und kochten uns Nudeln. Die vom Wind in ca. 30 Sekunden auf gefühlte -5°C abgekühlt wurden. Trotzdem genossen wir den Anblick und bewiesen uns selbst, dass wir das innere Spielkind noch lange nicht aufgeben wollen, indem wir ziemlich lange mit Steinen irgendwelche (nichtlebendigen) Ziele im Wasser abwarfen. Und danach gab es noch kostenlose Stein-Jonglierkurse bei Jan. Außerdem hatten wir schon einige Tage keine Dusche mehr genießen können, daher wollten wir uns wenigstens die Haare in der öffentlichen Toilette waschen. Also, im Waschbecken der öffentlichen Toilette. Deswegen gingen wir ganz politisch korrekt zu viert mit Shampoo und Handtüchern aufs Behindertenklo – das hat einfach größere Becken. Frischen Kopfes wählten wir danach als Stellplatz für die Nacht aufgrund der guten Erfahrungen in Tokanui wieder eine Recyclingstelle etwas außerhalb der Stadt.

Unauffällig wie es unauffälliger nicht mehr geht

Morgens wachten wir auf und, nachdem es abends und nachts geregnet hatte waren wir sehr erstaunt, denn… es regnete. Doch wie jeder Backpacker weiß: ein Regentag ist ein Büchereitag. Die Bibliothek in Manapouri hat leider nur sonntags und montags geöffnet, also fuhren wir in den nächstgrößeren Ort namens Te Anau. Da die meisten Bibliotheken hier, so auch die in Te Anau, kostenloses W-Lan anbieten, blieben wir ein Weilchen dort, luden auf, wem Ladezeit gebührte und beschlossen dann, am nächsten Tag in die Milford Sounds zu fahren. Dieser Plan bekam allerdings die erste Delle, als wir an der Tankstelle ein Schild lasen, auf dem die schneebedingte Schließung der Straße nach Milford verkündet wurde. Durch kurzes Nachfragen erfuhren wir zwar, dass die Straße wohl am nächsten Morgen wohl wieder geöffnet werden würde, waren aber trotzdem noch skeptisch. Von den 110 Kilometern bis zu den Sounds konnte man den größten Teil jedenfalls noch zurücklegen, also probierten wir es und fuhren los, irgendwo auf dem Weg wollten wir dann einen Schlafplatz finden. Leider stand in den meisten Parkbuchten oder Wegen ein fieses „No Camping“-Schild und die versuchen wir, wenn möglich, zu umgehen, um keine 200$ Strafe zu riskieren. Wobei wir selbst nicht genau wissen, wie die offiziellen Regeln zum Wildcampen sind; wir haben uns schon bei verschiedenen Quellen erkundigt und meistens verschiedene Antworten bekommen. Trotzdem suchten wir, aus mangelnder Motivation, einen Campingplatz zu bezahlen weiter. Und irgendwann sahen wir dann den einen Weg, der zwar voller Sträucher und Büsche stand und wohl schon ewig nicht mehr befahren worden war, aber genau deshalb unseren Vorstellungen entsprach. Er führte auf einen kleinen Platz hinter Bäumen, wo wir, perfekt versteckt, unser Nachtlager aufschlugen.

Fast wie in den Milford Sounds

Heute früh kam dann die Überraschung: Es schneit! Es schneit! Kommt alle aus dem… Van! Das war zwar ganz nett anzusehen, aber erstens sehr kalt und zweitens schlecht für unsere Pläne bezüglich der Milford Sounds. Wir fragten ein vorbeifahrendes Auto (bzw. dessen Fahrer) und erfuhren, dass für die komplette Strecke Schneekettenpflicht bestand. Und das wollten wir unseren Vans nicht zumuten, da J.D. und Trundle ja teilweise schon bei Bergen, die unter 2000 Metern hoch und nicht voller Schnee sind, Probleme kriegen. Jan und ich wollen aber im Sommer, bevor es wieder auf die Nordinsel geht, zurückkommen und uns good old Milford doch noch anschauen.

Etwas betrübt machten wir uns also auf den Weg zum nächsten Programmpunkt: Queenstown. Doch allein die Fahrt hierher entschädigte uns schon ein bisschen für das Verpasste und wir hielten bestimmt drei- oder viermal an, um Fotos zu machen. Und jetzt sind wir hier und gucken uns die Stadt an, die wie ein Skiort aussieht. Und eigentlich auch einer ist, denn wir sitzen hier in der Bibliothek (die unverschämterweise kein freies W-Lan hat) und sehen draußen Schnee fallen und Skilifte fahren. Und das im Sommer. Äh, Frühling.

Kategorie: Allgemein, Blog

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Kommentare (6)

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  1. Meike sagt:

    Moin,

    ich kenne euch zwar nicht, lese aber interessiert mit, da ich mich in einem Monat ziemlich genau auf die gleiche Strecke begeben werde. Ich hoffe sehr, dass ich nicht auch vom Schnee überrascht werde!

    Also, danke für die ausführlichen Beschreibungen und falls ihr noch irgendwelche geheimen Tipps oder gute, kostenlose Übernachtungsplätze findet, immer her damit! 🙂

    Danke und viele Grüße ans andere Ende der Welt!

    • Fabian sagt:

      Hey Meike, schön, dass dir der Blog etwas bringt! Und alle Kniffe oder Tipps, die wir so lernen, schreiben wir natürlich gleich hier rein, dafür ist der Blog ja auch da.
      Gruß in die gute alte Heimat

  2. Stefen sagt:

    Beim Schlafsackkauf war ich dabei, wenn ich mich recht erinnere, war +9C das Minimum?
    Wir hatten da immer mehr auf das Packmaß geachtet.
    Da hilft also nur kuscheln oder alles anziehen was man so dabei hat…

    Allerdings kann ich mich auch noch an die Jacken erinnerern, die waren doch ziemlich wasserdicht, momentan bei euch doch auch sehr sinnvoll oder?

    Sind doch ein paar brauchbare Tipps, für die nächsten Auswanderer/innen…

    • Fabian sagt:

      Naja, 9°C ist die Wohlfühltemperatur, also gehen ein paar Grad weniger auch gerade noch so. Die Jacke ist dafür echt gut, nur meinen zweiten Lowa-Schuh vermisse ich etwas. Aber ich bin immer noch besser dran als Jan, der hat ja als Wanderschuhe nur seine Laufschuhe 😀

  3. Stefan sagt:

    Ja, so ein Auto kühlt doch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ziemlich schnell ab. Die Heizung könnt ihr auch nicht laufen lassen. Hoffentlich halten eure Schlafsäcke so warm, wie sie es auf dem Etikett versprechen.

  4. Lea sagt:

    ‚Schnee im Frühling, … kann man nicht irgendwo günstig ski’er leihen?
    viel spaß noch 🙂

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