California über alles
So, hiermit habe ich erfolgreich einen weiteren Dead Kennedys-Songtitel als Artikelüberschrift verwurstet. Und auch wenn dieser ironisch zu verstehen ist, so haben wir Kalifonien in der jüngsten Vergangenheit doch kennen und schätzen gelernt. Wie im letzten Eintrag schon angekündigt, haben wir zusammen mit Kenny den Six Flags Magic Mountain-Freizeitpark besucht und fast alle Achterbahnen ausprobieren können. Und trotz Schlangenwartezeiten von teilweise über einer Stunde hat es sich wirklich gelohnt, denn die haben da schon einige verrückte Konstruktionen hingezimmert. Am nächsten Tag war Jans Geburtstag, den wir mit echt sahnigem Sahnekuchen (von Kenny selber gekauft) und jeder Menge Reese’s (die erdnussbutterigste Versuchung seit es Schokolade gibt) eher ruhig verbracht, schließlich lautete das Motto für den folgenden Tag: Vegas, Baby!
Über die Couchsurfing-Community hatten wir mit Tom und Sören, zwei anderen in Los Angeles weilenden Deutschen, einen Wochenendtrip nach Las Vegas und zum Grand Canyon geplant. Wir wollten dafür ein Auto mieten, was zwar möglich, aber recht teuer gewesen wäre, da wir vier alle gleichalt und zusammen 80 Jahre alt sind, somit also in den USA noch minderjährig. Aber am Abend vor der Abfahrt dachte sich unser guter Kenny dann wohl „viva la Spontaneität“ und entschloss sich, mitzukommen, obwohl er erst zwei Wochen vorher in Vegas gewesen war. Er mietete morgens kurzfristig und preiswert ein Auto; für drei Tage inklusive Versicherung nur 145 Tacken. Außerdem war es ein Hyundai Sonata Hybrid (mit sensationell geräuschlosem Motor!), wir taten also sogar was für Mama Natur. Nachdem Jan, unser Chauffeur aus Leidenschaft, uns sicher ans Ziel gebracht hatte, checkten wir ins „Sin City“ Hostel ein, wo wir läppische 13 Flocken pro Nacht bezahlten. Da wir ja noch Jans Geburtstag zu feiern hatten, kauften wir Bier und Gin Tonic, bloß blieb das Geburtstagskind mit beeindruckender Standhaftigkeit abstinent. Naja, so war immerhin mehr für uns da. Es war dann sehr lustig im Hostel und ein paar Stunden später waren wir auch wieder in der Lage, uns nochmal die Innenstadt von Vegas anzuschauen. Auch wenn außer Kenny keiner alt genug fürs Glücksspiel war, war es ein guter Abend in dieser reizüberflutenden Stadt mitten in der Wüste.
Am nächsten Morgen standen wir schon früh wieder auf, denn das nächste Ziel, der Grand Canyon, war schließlich locker 5 Stunden entfernt. Spontan beschlossen wir, auch noch den Hoover Dam mitzunehmen, was sich auch echt gelohnt hat, ein verdammt beeindruckendes Bauwerk. Nach einem mehr als reichhaltigen Burgermittagessen in bester Ami-Manier kamen wir dann irgendwann nachmittags bei der großen Schlucht an und waren überwältigt. Was für ein Ausblick! Zusammen mit gefühlten achttausend anderen Touristen staunten wir und machten jede Menge Fotos. Bei ein paar Aussichtspunkten konnte man auch bis an die Kante des Canyons gehen und Jan ließ es sich nicht nehmen, auf einen doch etwas bröckeligen Felsen direkt über dem Abgrund zu klettern. Er kam aber sicher zurück und als alle unsere Herzen wieder schlugen, machten wir uns auf zum nächsten Punkt, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Überm Grand Canyon sieht man den schließlich auch nicht alle Tage. Wir hatten uns im Vorhinein erst gedacht, wir könnten ja beim Canyon im Auto schlafen. Als wir das Auto und seine doch eher beschränkte Größe sahen, dachten wir dann: „Nääää.“ Aber dann stellte sich das doch als die einfachste und billigste Lösung heraus, außerdem sind wir ja noch jung, da kann man sowas mal machen. Zu dritt auf der Rückbank ging aber überhaupt nicht, daher erklärte Sören, er würde im Kofferraum schlafen. Machte er dann auch tatsächlich, worüber wir uns natürlich köstlich beömmelten. Allerdings war das im Endeffekt wahrscheinlich der komfortabelste Schlafplatz, denn wir anderen mussten ja alle im Sitzen schlummern. Wir überstanden die Nacht aber auch und traten dann die letzten Stunden Fahrt zurück nach LA an.
Dort wieder angekommen mussten Jan und ich dann auch schon fast wieder die Rucksäcke packen, weil wir für ein Uhr morgens einen Greyhound-Bus nach San Francisco gebucht hatten. Zuerst verabschiedeten wir uns aber noch von Tom und Sören, es war echt eine sehr lustige Zeit mit den zwei Aalen. Dann gammelten wir noch mit Kenny in der Wohnung und verschoben das Packen routinemäßig auf knapp vor der Abreise. Klappte auch wie immer. Gerade so. Kenny fuhr uns noch zur Busstation und wir sagten auch ihm auf Wiedersehen, wohl unser bester Couchsurfinghost bis jetzt. Unser Bus sollte ja um ein Uhr früh abfahren, wir checkten also ein und warteten mit unserem Gepäck und den anderen Fahrgästen am Terminal. Und warteten. Und warteten. Und warteteteteten. Irgendwann hieß es dann, der Bus könne nicht pünktlich abfahren… ach nein, sag bloß?! Als Entschädigung gäbe es aber Essensgutscheine. Okay, Entschuldigung angenommen. Zwei Sandwiches und einen Pudding später, es war mittlerweile drei Uhr morgens, konnten wir dann endlich in den Bus und die Reise antreten. Nach einer holprigen Nacht kamen wir gegen 11 leicht übermüdet, aber wohlbehalten in San Francisco an. Unser Host dort hatte uns gesagt, wir sollten ihn bei Ankunft anrufen, was wir dann auch von einer Telefonzelle aus taten. Er war aber nicht da, also sprach ich auf den Anrufbeantworter und wir machten uns auf den Weg zu seinem Haus. Dort angekommen klingelten wir, aber es war niemand da. Daher liefen wir ein Stück weiter bis zu einem schönen Plätzchen, wo wir uns hinsetzten und warteten. Und wartetete… naja, ihr wisst schon. Wir gingen ab und zu zum Haus, es öffnete aber niemand, bis sich nach einigen Stunden herausstellte, dass die vordere Klingel nicht ging und er bei unserer Ankunft sogar dagewesen war. Wie auch immer, er heißt Sadrack, ist ein sehr netter Kerl und entschuldigte sich für das Missverständnis. Halb so wild, wir hatten immerhin nach zwei Nächten in fahrbaren Untersätzen mal wieder ein echtes Bett, was will man mehr?
Heute Morgen guckten wir das Bayern-Spiel in der Champions League und, obwohl sie am Wochenende meinem HSV eine historische Klatsche verpasst haben, freute ich mich über ihren Sieg. Like a Sportsmann. Danach machten wir uns los in Richtung Innenstadt, was etwa eine Dreiviertelstunde dauert, da Sadrack nicht in San Francisco, sondern ein par Kilometer entfernt in Oakland wohnt. Wir spazierten am Meer entlang, aßen Clam Chowder (eine Krabbensuppe, wohl lokale Spezialität), fuhren Cable Car und fühlten uns mal wieder wie richtige Touristen. San Francisco ist, im Gegensatz zu LA, eher klein und übersichtlich, außerdem irgendwie sauberer und ästhetischer. Los Angeles hat auf jeden Fall auch sehr schöne Ecken, aber Jan und mir ist SF schon jetzt etwas sympathischer. Die USA insgesamt gefallen mir bisher auch recht gut, mal schauen, ob sich das in der verbleibenden Zeit noch bestätigt. Die da zweieinhalb Wochen beträgt. Time flies.
Kategorie: Blog, On the road
Zu dem Grand Canyon würde ich auch gerne mal gehen.
Die Fotos müssen fantastisch sein 🙂
Ihr nehmt beim Endspurt nochmal richtig viele Stationen mit – L.A., L.V., G.C., S.F. und unter anderem kommt ja auch N.Y. dazu. Und das Couchsurfing hat eure Reise um einiges bereichert, scheint mir.