Umzug Nr… wieviel eigentlich?
Wir haben das Auto! Uns es fährt! Aber bis wir es endlich in unseren Händen halten beziehungsweise unter unseren Füßen spüren durften, war es ein etwas längerer Weg als gedacht. Wie kürzlich beschrieben, liefen Kauf und Überprüfungen ohne größere Schwierigkeiten ab und der Wagen kam in die Werkstatt, um wieder komplett straßentauglich gemacht zu werden. Jan und ich machten uns also Mittwochmittag frohen Mutes auf den Weg, mit der Erwartung, schon wenige Stunden später mit dem ersten eigenen Van durch die Gegend zu tuckern. Dort angekommen wartete aber eine unschöne Überraschung: Der Glaser, der die Windschutzscheibe wegen eines Steinschlags austauschen sollte, hatte unter ebendieser jede Menge Rost gefunden. Und wie jeder weiß: tut was rosten, steigen die Kosten! Es kostete uns zwar nicht übermäßig viel Geld, dafür aber Zeit. Denn der Glaser musste unverrichteter Dinge betrübt wieder abziehen und wir, wahrscheinlich noch etwas betrübter, ebenfalls. Und da wir eigentlich die Nacht im Van verbringen wollten, guckten wir schon mal nach günstigen Hostels. Wir wohnten ja noch bei unserem Couchsurfing-Gastgeber Sin Jat, aber da einer seiner Mitbewohner nicht allzu viel von fremden Dauergästen hielt, wollten wir ihn nicht mit noch einer weiteren Nacht belasten. Aber da hatten wir die Rechnung ohne seine Gastfreundschaft gemacht. Denn Sin Jat ist sehr christlich und verfolgt das Prinzip der Nächstenliebe ausgesprochen stark. Also bot er uns an, den Aufenthalt um noch einen Tag zu verlängern, was uns natürlich freute. Dafür halfen wir ihm auch gerne, wie schon am Tag davor, bei der Gartenarbeit. Er hatte sich einen großen Container in die Einfahrt stellen lassen, weil er mal eben den alten Spa-Pool im Garten durch ein Luxus-High-End-Modell hatte ersetzen lassen und die Reste des Vorgängers entsorgen musste. Und dann hatte er entschieden, auch gleich den Garten einer Generalüberholung zu unterziehen. Jan und ich halfen beim Transportieren diverser Sträucher- und Baumreste in den Container, beförderten Rindenmulch von einem Beet ins andere und ebneten Erde. Als Belohnung ging es dann abends wieder eine Runde in den Pool mit Wein. Also der Wein war im Glas. Nicht im Pool. So dicke hat es Sin Jat dann doch nicht.
Am nächsten Morgen machten wir uns jedenfalls, nach unserem zweiten letzten Tag, der dann auch wirklich der letzte war, wieder auf zum Autodoktor. Und siehe da, es war vollbracht. Vor uns stand die weiße Pracht, über Nacht heil gemacht. Die Mechaniker erklärten uns noch die letzten Details, zum Beispiel wie man an den Motor kommt, der sich vorne unter dem Beifahrersitz befindet, dann ging es los. Zuerst fuhren wir zu Pak’n’Save, einer großen Lebensmittelladenkette, wo man in Neuseeland wohl am billigsten sein Essen kaufen kann. Dort gibt es je nach Preis des Einkaufs an der Kasse auch Rabatt für die hauseigenen Tankstellen, deswegen wollten wir gleich da unsere erste Tankfüllung zelebrieren. Die Tankanzeige stand schon auf E wie Empty, aber wir schafften es (mit Ach und Krach) bis zum Ziel. Danach nochmal zu Sin Jat, unser Gepäck einladen und uns verabschieden.
Und dann fuhren wir los nach Tauranga, eine 110.000-Seelen-Stadt in der Bay of Plenty, also an der Ostküste der Nordinsel. Das waren zwei bis drei Stunden Fahrt Richtung Süden, die das Auto gut bewältigte. In Tauranga haben wir nämlich online ein Hostel gefunden, das auch Jobs für Backpacker hat, zurzeit zum Beispiel Kiwibäume stutzen oder Früchte verkaufen. Wir klingelten an der Rezeption, die eigentlich vor fünf Minuten zugemacht hatte, und erkundigten uns bei der trotzdem auftauchenden Frau nach Arbeit. Sie sagte, dass es sehr wohl Jobs gebe, nur seien die aktuell verfügbaren alle wetterabhängig. Und da es in letzter Zeit, und laut Prognosen auch in naher Zukunft nicht gut aussehe, stünden die Chancen eher mittelmäßig, dann auch wirklich zu arbeiten und Geld zu verdienen. Um arbeiten zu können muss man außerdem in dem Hostel, was übrigens Bell Lodge heißt, wohnen, was zwar nicht besonders teuer ist, aber eben doch Geld kostet. Deswegen haben Jan und ich dann letzte Nacht erstmal im Van geschlafen, was übrigens überraschend bequem ist. Denn hinten ist ein Bett eingebaut worden, und auch sonst war jede Menge Ausstattung drin; eine kleine Plastikkommode mit Töpfen,
einer Pfanne, Besteck, Tellern, Schälchen, Bechern und Tassen, zwei Gaskocher, Campingstühle, ein kleiner Tisch für drinnen, ein großer Tisch für draußen, eine an die Batterie angeschlossene Steckdose, eine Kühlbox, zwei Klamottenkisten, Vorhänge für alle Fenster, drei Lampen und eine Lichterkette. Die Lichterkette haben wir am Anfang für Blödsinn gehalten, gestern Abend aber gemerkt, dass sie doch ziemlich gut Licht spendet und verteilt. Geheimtipp für den Backpackervan!
Heute Morgen hieß es dann erstmal Ausschlafen und danach ein wenig die Stadt erkunden. Das Wetter war recht gut, vielleicht hätte man im Hostel doch schon arbeiten können, aber das war uns dann auch egal. Tauranga scheint, ähnlich wie Auckland, keine richtige Innenstadt zu haben, wie wir es aus Europa kennen, sondern einerseits Industriegebiete, wo Läden, Firmen oder Restaurants sind, andererseits Wohngebiete. Es gibt zwar einen Bereich namens „City Centre“, trotzdem gefallen mir die meisten Städte in der schönen alten Welt besser. Aber Tauranga ist mit seinen einhundertundzehntausend Einwohnern ja immerhin die siebtgrößte Stadt Neuseelands, ich bin überzeugt, dass die ländlicheren Gegenden, die wir noch erkunden werden, sowohl hübscher als auch beeindruckender aussehen. Jetzt gerade sitzen wir in der Bibliothek, wo es Steckdosen und kostenloses Wlan gibt und laden Laptops, Handys und mp3-Player, da wir unserer Autobatterie nicht zuviel zumuten wollen. Diesen Service bieten wohl fast alle Bibliotheken in Neuseeland, daher eine gute Möglichkeit, wenn man mal keine Unterkunft hat. Wir werden wohl nachher trotz des Regens, der schon wieder eingesetzt hat, im Bell Lodge einchecken und Daumen drücken, dass sich der gute alte Petrus ein Herz fasst und uns ein bisschen mehr Sonne organisiert.